Bitte der BiBB an die Gemeinderatsfraktionen (außer AFD) um Stellungnahme vom 08.04.2024:
Sehr geehrte Gemeinderätinnen und Gemeinderäte,
vor ca. einem Jahr haben wir Ihnen in einem offenen Brief verschiedene Fragen zum Dokumentationszentrum und Ihrer Einstellung dazu gestellt, ohne Antworten zu erhalten. Einzelne Gemeinderäte sagten, sie würden sich erst zum überarbeiten Entwurf äußern, andere waren sich sicher, dass der Wettbewerbsentwurf ohnehin nicht umgesetzt werden wird.
Jetzt liegt die sogenannte Überarbeitung vor, die lediglich marginale Änderungen vorweist:
Entgegen der verbalen Vorstellung des überarbeiteten Entwurfs durch Herrn Architekt Kock, Vertreter des Zentralrats und des Dokumentationszentrums, Herrn Elmazi und EBM Odszuck ist der Entwurf nicht um 1,2-1,5 m in der Höhe reduziert. Ausweislich der Wettbewerbspläne und der ausgehängten überarbeiteten Pläne ist die Höhe der Attika des höheren Bauteils um 40 cm reduziert, der andere Bauteil ist in seiner Höhe nicht verändert.
Entgegen der explizit von Herrn Kock sogenannten Darstellung ist die vorgehängte Begrünung auf Seiten der Zwingerstraße nicht erdverbunden: Sie „wurzelt“ über der Tiefgarageneinfahrt. Außerdem soll ein grüner Teppich entstehen, der an den Pfosten der Glasfassade hochwächst.
Nur mit unvertretbar hohem Aufwand wären die Fassadenbegrünungen machbar und zu erhalten.
Das wird mit Sicherheit nicht dauerhaft grün.
Der vorgestellte Vorschlag der Sandsteinbearbeitung zeigt den Widerwillen der Verantwortlichen, von dem ersten Vorschlag abzuweichen, wie auch die Reaktion auf qualifizierte Fragen des Architekten Gerstner in der Vorstellung des überarbeiteten Entwurfs, warum z.B. das an der Außenwand liegende Treppenhaus oder auch das Foyer keine Fenster erhalten sollen.
Es lässt sich klar ableiten: Unabhängig von der Bauaufgabe und dem Ort, wünscht sich die Bauherrschaft die klotzhafte Erscheinung.
Wir möchten jetzt, da die Pläne vorliegen, bitte von Ihnen wissen, ob Sie einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan zustimmen wollen, der die Grundlage dafür schafft, dass dieser Entwurf gebaut werden darf?
Oder würden Sie nur einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan zustimmen, der sich in Größe, Ausprägung und Bauform und definitiv nur ohne Flachdach in das Stadtbild einfügt?
Sind Sie bereit, auch Stimmen von ca. 75 Verbänden und Vereinigungen von Sinti und Roma in Deutschland, die nicht im Zentralrat organisiert sind, zu hören, bevor Sie einem Bauvorhaben auf Grundlage einer nicht überprüften inhaltlichen Begründung zustimmen, das offensichtlich in seiner Bauform auf breiter Ebene als Bausünde bezeichnet würde?
Wir gehen davon aus, dass wir Ihre Antworten verbreiten dürfen, ebenso wie wir in der Öffentlichkeit darstellen dürfen, wenn Ihnen das Thema keine Bearbeitung und Stellungnahme wert ist.
Für weitere Informationen und eine tatsächliche Diskussion dürfen wir auf die Veranstaltung des Ortsvereins Altstadt/Schlierbach der SPD in der Apothekergasse 3 am 16.04. um 18:30 Uhr hinweisen.
Wir freuen uns auf Ihre zahlreichen fundierten Reaktionen bis zum 26.04.2024.
Mit freundlichen Grüßen aus der BiBB […]
Antworten der Fraktionen
GAL:
1. Nein, wir werden einem vorhabenbezogenen B’plan auf Grundlage der
aktuellen Planung nicht zustimmen
2. Einem Entwurf mit Satteldach würden wir eventuell zustimmen können,
das hängt aber an weiteren Kriterien…
GRÜNE:
Sehr geehrte Damen und Herren,
vielen Dank für Ihre Nachricht. Sie hatten uns darin zwei Fragen gestellt, einmal zum Bebauungsplan und zum anderen zu einer Hörung von weiteren Organisationen. Gerne beantworten wir diese hier im Folgenden.
Frage: Wollen Sie einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan zustimmen, der die Grundlage dafür schafft, dass dieser Entwurf gebaut werden darf? Oder würden Sie nur einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan zustimmen, der sich in Größe, Ausprägung und Bauform und definitiv nur ohne Flachdach in das Stadtbild einfügt?
Antwort: Die Gemeinderatsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen steht diesem Projekt grundsätzlich positiv gegenüber und befürwortet in vollem Maße den Standort im Herzen von Heidelberg. Das kulturelle Erbe und die Geschichte der Sinti und Roma in Deutschland sollen angemessen gewürdigt und für Bildungszwecke aufbereitet sowie die Anerkennung und Wertschätzung der Sinti und Roma in Deutschland in geeigneter Weise gefördert werden.
Uns ist bewusst, dass Bauvorhaben in der Altstadt sensibel geplant werden müssen und sich neue und/oder umgebaute Gebäude in Beziehung zum bestehenden Stadtbild einfügen und mit dem historischen und kulturellen Kontext der Umgebung in Beziehung stehen sollen. Dabei ist uns eine ökologische und nachhaltige Bauweise wichtig.
Weiterhin ist für uns von Bedeutung, dass die Architektur sowohl zeitgemäß als auch dem Zweck und Stellenwert entsprechend gestaltet ist. Wir sehen, dass die überarbeiteten Planungen Ihrer Kritik und Ihren Wünschen entgegengekommen sind, sind aber natürlich offen für weitere Diskussionen über die spezifischen Merkmale des Entwurfs. Es ist für den politischen und gesellschaftlichen Diskurs unerlässlich, dass Bedenken und inhaltliche Beiträge angemessen gehört und berücksichtigt werden.
Frage: Sind Sie bereit, auch Stimmen von ca. 75 Verbänden und Vereinigungen von Sinti und Roma in Deutschland, die nicht im Zentralrat organisiert sind, zu hören, bevor Sie einem Bauvorhaben auf Grundlage einer nicht überprüften inhaltlichen Begründung zustimmen, das offensichtlich in seiner Bauform auf breiter Ebene als Bausünde bezeichnet würde?
Antwort: Unabhängig von verschiedenen Sichtweisen zur Bauform sind wir selbstverständlich bereit, die relevanten Stimmen aus den verschiedenen Verbänden und Vereinigungen von Sinti und Roma zu hören. Wir erkennen die Vielfalt innerhalb der Gemeinschaften der Sinti und Roma an und verstehen, dass ein breites Spektrum an Perspektiven und Erfahrungen zur Entwicklung dieses Projekts beitragen kann, das deren Geschichte und Kultur authentisch repräsentieren soll.
Gerne stehen wir für weitere Fragen und einen Austausch zur Verfügung.
Bunte Linke:
Zu 1.: Die Bunte Linke begrüßt ausdrücklich, dass das Dokumentationszentrum der Sinti und Roma in Heidelberg angesiedelt ist und bleibt, auch an dieser Stelle. Allerdings muss die Baumasse deutlich verringert und die Fassaden- und Dachgestaltung der Umgebungsbebauung angepasst werden. Wir fordern, wie auch die BiBB, dass die Größe und die architektonische Gestaltung des neuen Dokumentationszentrums das vorhandene Erscheinungsbild der Altstadt im Sinne der Gesamtanlagenschutzsatzung in angemessener Weise berücksichtigt. Da die aktuellen Planentwürfe diese Anforderungen nicht erfüllen, werden wir einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan zur Umsetzung dieser Pläne nicht zustimmen.
Zu 2.: Die Bunte Linke sieht in dem neuen Dokumentationszentrum ein Zentrum für alle in Deutschland lebenden Sinti und Roma. Da es nicht nur eine, sondern eine Vielzahl unterschiedlicher Zusammenschlüsse von Sinti und Roma gibt, sind möglichst alle Stimmen über ihre unterschiedlichen Verbände und Vereinigungen anzuhören und in die Konzeption sowie die Planungen für das neue Dokumentationszentrum einzubeziehen. Darin sehen wir momentan die vordringliche Aufgabe, um eine von einer großen Mehrheit der Sinti und Roma getragene Planung zu entwickeln.
CDU:
vielen Dank, dass Sie uns um eine Stellungnahme gebeten haben. Seien Sie versichert, dass uns eine Stellungnahme hierzu äußerst wichtig ist und wir Ihnen diese gerne zukommen lassen.
Wir bekommen derzeit sehr viele Anfragen solcher Art, sodass sich die Beantwortung ein wenig verzögert. Wir bitten Sie hier um Ihr Verständnis, dass wir Ihnen unsere Stellungahme Anfang nächster Woche zukommen lassen werden. Vielen Dank.
Mit freundlichen Grüßen
CDU-Gemeinderatsfraktion
CDU Update:
Die CDU-Gemeinderatsfraktion stand den Entwürfen für den geplanten Neubau des Dokumentationszentrums für Sinti und Roma zu Beginn kritisch gegenüber, weshalb wir für eine Überarbeitung der Pläne plädierten. Der nun vorliegende Entwurf macht auf uns einen deutlich besseren Eindruck und würde sich inzwischen besser in das Bild der Heidelberger Altstadt einfügen.
Wir sehen den nun vorliegenden Entwurf jedoch nicht als endgültig an und werden uns für eine weitere Überarbeitung der Pläne einsetzen.
Wir sind zuversichtlich, dass durch die Überarbeitung der Pläne eine für alle zufrieden stellende Lösung gefunden werden kann und werden den Prozess aufmerksam und kritisch begleiten.
Bei weiteren Rückfragen können Sie sich gerne jederzeit melden.
Mit freundlichen Grüßen
CDU-Gemeinderatsfraktion
Prof. Dr. Nicole Marmé
Fraktionsvorsitzende
SPD:
Sehr geehrte Vertreter:innen der BiBB,
im Nachgang unserer Fraktionssitzung gestern übersende ich Ihnen die Antworten der SPD-Fraktion auf Ihre Fragen (unsere Antworten [darstellungsbedingt hier] kursiv):
1. Wir möchten jetzt, da die Pläne vorliegen, bitte von Ihnen wissen, ob Sie einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan zustimmen wollen, der die Grundlage dafür schafft, dass dieser Entwurf gebaut werden darf?
Wir sind der Auffassung, dass die Funktionalitäten im neuen Dokumentationszentrum nochmals sorgfältig überprüft werden sollen (z.B. die Unterbringung der Büroräume), um mögliche Spielräume für eine Reduzierung der Gebäudekubatur zu eruieren.
2. Oder würden Sie nur einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan zustimmen, der sich in Größe, Ausprägung und Bauform und definitiv nur ohne Flachdach in das Stadtbild einfügt?
Für uns liegt die Priorität in der grundständigen Prüfung der Funktionalitäten des Gebäudes, wie in der Antwort zu Frage 1 erläutert. Vor diesem Hintergrund machen zum jetzigen Zeitpunkt Aussagen über Detailfragen in der baulichen Umsetzung aus unserer Sicht wenig Sinn.
3. Sind Sie bereit, auch Stimmen von ca. 75 Verbänden und Vereinigungen von Sinti und Roma in Deutschland, die nicht im Zentralrat organisiert sind, zu hören, bevor Sie einem Bauvorhaben auf Grundlage einer nicht überprüften inhaltlichen Begründung zustimmen, das offensichtlich in seiner Bauform auf breiter Ebene als Bausünde bezeichnet würde?
Es macht aus unserer Sicht Sinn, mit allen einschlägigen Akteur:innen zu sprechen, damit das Dokumentationszentrum Deutscher Sinti und Roma ein Zentrum für alle Vertreter:innen, Organisationen und Vereinigungen aus der Gruppe der Sinti und Roma werden kann.
Für Rückfragen Ihrerseits stehe ich Ihnen sehr gerne zur Verfügung. […]